Freitag, 13. April 2012

Münz

Niemand fällt auf den Preis von 4.99 herein. Wir wissen alle, dass das Angebot nur zum Schein hart gerechnet ist; der nächste Preissprung wäre nicht 5.00, sondern 5. 99, um erneut die Illusion zu schaffen, der Preis sei knapp kalkuliert. Bei höheren Beträgen verschwindet – da total unglaubwürdig - die 1-Cent-Spanne und 19.90 oder 499.00, müssen als Superangebot herhalten.

All diese scheinbar hart gerechneten Preise in den USA sind ohnehin eine totale Illusion, weil immer eine lokale Verkaufstaxe hinzukommt, die den zu bezahlenden Betrag automatisch über die psychologische Vulgärschwelle anhebt. 4.99 sind dann nicht mehr 4.99, sondern zum Beispiel 5.13.
Und diese 5-irgendwas sind ein Problem. Denn sie führen automatisch zu einem Herausgeld in Münzen, mit dem wir Konsumenten unsere liebe Mühe haben. Man kann das ewig anschwellende Münz im Hosensack horten oder zu Hause in einem Einmachglas, es im Bus loszuwerden versuchen – oder man kann mit gleicher Münze zurückzahlen, das heisst im Supermarkt Quarter, Dimes und Cents herauszählen, bis in der Schlange ein Gemurmel entsteht. Aber am Ende des Tages kommen immer neue Münzen hinzu, denn der Münzsalat wächst unablässig - trotz allerbesten Bemühungen.

Die Mühlen des Kapitalismus halten nun allerdings auch für das Münzproblem eine Lösung bereit, es sind die Coin-Machines, Münzautomaten, die das Kleingeld in atemberaubendem Tempo sortieren und dem Kunden dann einen Voucher ausstellen, mit welchem man beim Consumer Desk im Lebensmittelsupermarkt Nötli beziehen kann.

Das interessante ist, dass diese Maschinen eine Kommission von 8 Prozent für ihre Mühe beanspruchen. Das ist nichts anderes als ein Negativzins. Dieser sagt uns, dass wir - wenn wir (unfreiwillig) Geld in Münzen anlegen - dafür einen Abschlag von 8 Prozent entrichten müssen, um die Münzen loszuwerden bzw, in Banknoten zurück zu verwandeln, in die Banknotenwährung zu konvertieren, technisch gesagt.

Die Zukunft wird zeigen, dass der 8-Prozent-Zins für uns alle unakzeptabel ist und wir deshalb dazu übergehen, noch mehr mit Plastikgeld, Kreditkarten und dergleichen, zu bezahlen, wo der Händler die Transaktionskosten trägt. Nach und nach wird das Münzgeld verschwinden und das Problem wachsender Münzlager wird, 600 Jahre nach Erfindung des Geldstücks, gelöst sein.
Frage nun aber: Was passiert nach dem Ende des Münzgeldes mit den hart gerechneten Preisen? Kehren wir zurück zu einem besten Preis von 5.01 oder 101.10? Oder 5.00 und 100.00?

Und: Ist das dann glaubwürdiger als die fiktiven 4.99 oder 99.90?

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