Donnerstag, 3. Februar 2011

Bei Robert Righteous

Wir wollten nach Union Island, in Schweizer Kategorien gesprochen ist die Insel das Grindelwald der Karibik. Dort nämlich, im Hafen Clifton, sammeln sich alle, die aufs Jungfraujoch wollen – das sind karibisch betrachtet die Tobago Cays, der Inbegriff der karibischen Welt: Palmen, weisser Sand, türkisgrünes Meer und ein Riff, in dem man stundenlang schnorcheln kann. Doch unser Weg nach Grindelwald endete zunächst auf der Insel Carriacou, wo wir erschöpft den Kampf am Wind und gegen Wellen für den Tag aufgaben. Unser Boot ist nicht gern am Wind und das bekamen wir brutal zu spüren. Für den unverhofften Zwischenhalt im Dorf Hillsborogh wurden wir allerdings reich belohnt: wir entdeckten nämlich in einem modernen Take away ein feines Jerk Chicken für den Znacht und vergassen die Mühen des Motorens und Fightens. Am nächsten Tag dann tuckerten wir erholt nach Union Island, wo mindestens 50 Yachten ankerten.


Von dort wollten wir nicht die Südpassage nehmen, eine Diretissima zu den Cays, die in den Führeren als etwas riskant beschrieben wird. Wir motorten deshalb nach Meyreau. Und machten uns sofort auf zu Robert Righteous, dem Besitzer eines bunten Restaurants, wo den ganzen Tag Bob Marley läuft, weil der Rasta-Mann Robert ein lebenslanger Fan des Musikers ist. Aber Robert ist auch Unternehmer, hat seit unserem letzten Besuch bei ihm vor 10 Jahren die kleine Bar zu einem Restaurant umgebaut. Er zeigt uns stolz einen neuen VIP Dinning Room mit Flachbildschirm und Aussicht auf die Meeresbucht, die Küche und das DJ-Pult..

Ueberhaupt: Das Dorf Meyreau scheint in schnellem Aufstieg begriffen. Robert selbst baut in der Nähe ein zweites Cafe und ein Wohnhaus mit Fremdenzimmern, wie das in unseren Toursmusgebieten heisst. Ueberall sind neue Häuser entstanden. „Es gibt aber auch Probleme“, sagt Robert, „die Preise steigen.“ Meine Frage bei soviel Bauboom: Wie macht man das mit der Baueingabe? Robert sagt, Freunde von ihm in der Hauptstadt Kingston (auf der Hauptinsel des Staates St. Vincent) würden jeweils die von ihm gezeichneten Pläne einreichen – und er selbst telefoniere dann noch mit der Baukommission, wenn es etwas zu erklären gebe. „Du verlässt Meyreau nie mit der Fähre Richtung Hauptstadt?“ „Nein, ich bin immer hier“, sagt Robert, dessen Vater starb, als er 5 Jahre alt war. Die Mutter verliess die Kinder wenig später, um nach Trinidad arbeiten zu gehen. Die Kinder wuchsen bei Verwandten auf.

Robert ist selber Vater von vier Kindern und hat Grosskinder. Esrine, die älteste Tochter, ist Primarlehrerin im Dorf und kommt an dem Nachmittag schnell vorbei, weil die Schule mittlerweile zu Ende ist. Esrine unterrichtet die Kleinsten, wie sie sagt. Später sage ich zu Robert: „Wir haben in der ersten Klasse noch mit einer Schiefertafel begonnen“, Robert sagt lachend: „Wir auch. “ „Und auf Papier geschrieben haben wir später noch mit einer Feder, die man in ein Tintenfass eintauchte.“ – „Wie wir“, lacht Robert. Offenbar sind die Unterschiede der Schlsysteme nicht so gross, wie man das manchmal denken würde.


Wir verabschieden uns von Robert und machen uns auf den Weg Richtung Tobago Cays, ein Muss jeder Reise durch die Karibik, wie das Jungfraujoch für Touristen in der Schweiz. Aber eigentlich hat mich Robert Righteous mehr fasziniert als das Palmenparadies. Weil Roberts Geschichte eine Erfolgsgeschichte ist – und wegen der Schiefertafel – seiner und meiner.

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