Sonntag, 12. September 2010

Eine lange Tagesetappe

Wir hatten eine lange Tagesetappe vor uns und legten deshalb schon um 6 Uhr morgens ab, um im fremden Hafen noch im letzten Tageslicht einzulaufen. Es war stockdunkel und die hellen Scheinwerfer des Fischerhafens von Polova de Varzim blendeten uns. Ich sagte zu Agnes: „Hilf mir sehen“, und so starrten zwei Augenpaare in die Dunkelheit zur westlichen Hafenmauer, der wir nicht entlang schrammen wollten und dann in der Richtung eines östlich der Hafenausfahrt gelegenen Felsbrockens, der laut Karte maximal 1,8 m aus dem Wasser ragen würde.

Alles ging gut, bald wurde es Tag und eine wärmende Sonne stieg immer höher am Himmel. Nur Wind hatten wir keinen und wir mussten motoren. Bei 75 Meilen Distanz und 5 Meilen pro Stunde, so unser Plan, wären wir 15 Stunden unterwegs, würden also um 21 Uhr eintreffen, in Figueira da Foz, wenn es schon praktisch Nacht sein würde. Dazwischen gab es nur Aveiro, aber nur für den Notfall. Denn laut Handbuch hatte es dort keinen Hafen und nur schlechten Ankergrund.

Wir passierten Aveiro am Mittag. Dann erst kam endlich Wind auf, schwächer als erwartet und vor allem nicht zunehmend, wie in der Wetterprognose versprochen. Wir segelten dennoch ganz zufrieden vor uns hin, ein Auge immer auf die Marschtabelle gerichtet. Kurz nach 17 Uhr fiel der Wind in sich zusammen und wir mussten erneut den Motor anwerfen. Eine schöne Strömung hatte uns aber inzwischen einen Super-Vorsprung auf den Zeitplan verschafft. Und das war gut so. Denn im Handbuch hatten wir gelesen, dass uns am Beginn des Flusses Mondego eine Sandbank erwarten würde, auf der die Wellen brechen und Boote in Gefahr bringen könnten. Ein grün-rot-grünes Signal würde uns gar anzeigen, wenn die Einfahrt für grössere Boote verboten war. Bei Absenz des Signals sei die Einfahrt sicher, „mindestens für Boote über 300 t“, hiess es im Buch. Im ärgsten Fall, so sagten wir uns, würden wir halt die Nacht durch direkt nach Lissabon segeln, dann wäre es wieder Morgen und wir könnten bei Tageslicht an dem fremden Ort einlaufen. Aber kurz vor einem Hafen rechtsumkehrt zu machen, ist psychologisch betrachtet nicht ganz einfach.

Unser Plan B erwies sich als unnötig. Als wir mit grossem Vorsprung auf unseren Zeitplan (Vielen Dank, liebe Strömung!) bereits um 19 Uhr an der Mündung des Rio Mondego ankamen, war das Meer ruhig und über der Sandbank hatten wir sichere 7 Meter unter dem Kiel. So tuckerten wir die halbe Meile hoch zur Einfahrt in den hübschen kleinen Hafen von Figueiro da Foz, legten an und ich kriegte ein Bier. - Abgesehen von der Windprognose war heute alles easy-peasy gelaufen. So sollte es immer sein.

Bild: Der Tracker zeichnet unsere Etappen in Echtzeit nach. Link: http://bit.ly/b5feTY

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