Sonntag, 8. August 2010

Goldschatz


Bis in die siebziger Jahre fuhr in Zürich ein Tram zwischen Hauptbahnhof und Kirche Fluntern, das die Zürcher „Goldschatz“ nannten. Das geniale an dem vergleichsweise kleinen Gefährt der Linie 6 war, dass man kurz vor einem Halt die Türen von Hand öffnen konnte, dann setzte man einen Fuss auf das unterste Trittbrett, schwang den zweiten kühn in der Luft, um kurz vor dem Halt des Trams an der Haltestelle „Platte“ abzuspringen. Sprang man zu früh, war die Landung hart, kam man zu spät, war’s kein Abspringen mehr, sondern gewöhnlichstes Aussteigen. Das genau richtige Timing auf dem Nachhauseweg war somit alles, was einem von einem erfolgreichen und einem missratenen Tag trennte.

Ein solches Tram, ein Goldschatz mit Starrachse, verkehrt noch heute in La Coruna, dem Balkon zum Atlantik, wie die Stadt sich nennt, weil sie auf drei Seiten hin zum Meer offen ist. An dieser gigantischen Strandpromenade entlang gleitet die Uralt-Strassenbahn mit Klingelstrippe und Holzbänken alle 20 Minuten, jeweils nachmittags und abends, um Badewillige zu den Stränden zu bringen und die Kulturbeflissenen zum Leuchtturm „Hercule“.

Unsere eigene Erkundungsfahrt am Sonntagnachmittag war „Goldschatz“-Feeling pur – nur dass leider auch hier, auf dem Balkon zum Atlantik, Fortschritt und Sicherheitsdenken Eingang gefunden haben und die Türen im Jahr 2010 obligatorisch elektrisch geöffnet werden. - - - Schade, denn das richtige Timing beim Abspringen ist alles – und, ich schwör’s, das verlernt man nie.

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